Der Schatten der Worte

Antisemitismus mit internationalem Antlitz

Wenn die Weltpolitik eine Bühne ist, dann sind die Akteure nicht nur Schauspieler, sondern auch Regisseure ihrer eigenen Dramen. Im Zentrum dieses globalen Theaters steht der UN-Generalsekretär António Guterres, der mit seinen jüngsten Äußerungen zur Eskalation des Nahostkonflikts die Zuschauer spaltet. Seine Worte, die in der Abstraktion der Diplomatie schwingen, werfen nicht nur Fragen nach der Balance in den internationalen Beziehungen auf, sondern auch nach den grundlegenden moralischen Imperativen, die einem solchen Amt zugrunde liegen sollten. Was geschieht, wenn eine Stimme, die für Frieden und Sicherheit stehen sollte, in einem Meer von Relativismus und Unsicherheit ertrinkt?

Das Versagen der Worte

Es ist ein nicht zu übersehendes Versäumnis, dass Guterres in seiner Verurteilung der Gewalt im Nahen Osten nicht einmal das Wort „Israel“ in den Mund nimmt. Stattdessen verhüllt er seine Aussagen in eine undifferenzierte Sprache, die das Gefühl vermittelt, als sei die Realität ein schwammiges Konstrukt, das man nach Belieben formen kann. Was soll der Bürger, der auf der Suche nach Klarheit und Wahrheit ist, von einem solchen Ansatz halten? Ist dies nicht eine subtile Form des Antisemitismus, eine verzeihliche Häresie im großen Buch der internationalen Diplomatie? In einer Zeit, in der die Gewalt in den Straßen Jerusalems und Gaza die Luft zum Schneiden dick macht, wird die Stimme des Generalsekretärs zur Flüstertüte eines unentschlossenen Echos.

Täter und Opfer im gleichen Atemzug

Die Fähigkeit, Täter und Opfer zu benennen, ist der Schlüssel zur moralischen Integrität in der internationalen Politik. Wenn Guterres nun die Eskalation des Konflikts als ein allgemeines Übel anprangert, während er gleichzeitig das angegriffene Israel ignoriert, weicht er einer klaren Positionierung aus. Es scheint, als wolle er den Tätern und Opfern ein gemeinsames Narrativ zuordnen, was das Vertrauen in die UN und die in ihr enthaltenen Werte untergräbt. Der Historiker Simon Schama nannte es einst das „Syndrom der moralischen Gleichheit“, in dem die Geschichten von Unterdrückten und Unterdrückern als gleichwertig behandelt werden. In einer Welt, die von einer solch gefährlichen Relativierung geprägt ist, wo führt uns das hin?

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Ein humanitäres Werkzeug oder ein Witz?

Der Artikel 99 der UN-Charta, den Guterres 2023 ins Spiel bringt, um einen humanitären Waffenstillstand zu erwirken, wird in einem Kontext verwendet, der Fragen aufwirft. Wo waren diese Bemühungen, als in Syrien Hunderttausende starben, in Kongo Millionen getötet wurden oder als der Konflikt in der Ukraine Tausende in den Tod riss? Aber wenn Israel sich verteidigt ist Feuer am Dach? Es ist, als würde man einen Feuerwehrmann nur dann zu einem Brand rufen, wenn die Flammen das eigene Haus bedrohen. Guterres’ plötzlicher Einsatz des Artikels 99 wirkt nicht nur heuchlerisch, sondern auch wie der verzweifelte Versuch, dem antisemitischen Druck von außen gerecht zu werden, während er gleichzeitig die Augen vor der langfristigen humanitären Katastrophe in anderen Teilen der Welt verschließt.

Ein unverblümter Blick

Woher weiß man, dass es sich um Antisemitismus handelt? Die Antwort könnte einfacher nicht sein: Wenn die Realität ignoriert wird, während die Narrative von Tätern und Opfern in einem Atemzug genannt werden, entsteht ein Klima, in dem Juden nicht nur als Bürger des Staates Israel, sondern auch als historische Opfer der Geschichte zu einem abstrakten Konzept werden. Wenn die Welt vergisst, dass es bei den jüngsten Konflikten um das Überleben eines Staates und seiner Bürger geht, und stattdessen die tief verwurzelte Geschichte des Antisemitismus nur als Fußnote in einem Buch über „internationale Beziehungen“ abhandelt, dann ist die Frage nach der Existenzberechtigung des jüdischen Staates nicht nur eine rhetorische, sondern wird zum Verhängnis für die gesamte Region.

Der Weg in die Irre

Die Äußerungen Guterres‘, die wie aus einem Drehbuch für ein Drama voller Wendungen und Unklarheiten wirken, sind symptomatisch für die gegenwärtige Verfassung der internationalen Diplomatie. Wenn das Wort zur Waffe wird und die Deutungshoheit über die Realität in den Händen derjenigen liegt, die sich weigern, klare Positionen zu beziehen, dann können wir nur in einen Abgrund blicken. Ein Abgrund, der nicht nur die Wahrnehmung des Nahostkonflikts betrifft, sondern auch das Verständnis für Antisemitismus in seiner internationalisierten Form. Es bleibt zu hoffen, dass die Welt sich aus dieser diplomatischen Trance befreit, bevor die nächste Runde der Gewalt unausweichlich wird.

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Quellen und weiterführende Links

  1. Guterres, A. (2023). „Statement on the Middle East Conflict.“ United Nations Press Release.
  2. Schama, S. (2002). „The American Future: A History.“
  3. UN Charter, Article 99.
  4. Bialer, S. (2019). „Anti-Semitism: A History.“

Diese kritische Analyse mag polemisch sein, doch sie ist notwendig, um das Bewusstsein für die Gefahren der Relativierung von Gewalt und die Ignoranz gegenüber historischem Unrecht zu schärfen. Nur durch ehrliche und mutige Auseinandersetzung mit diesen Themen können wir hoffen, eine bessere Zukunft zu gestalten.

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