Der neue Don Quichotte
Ein Demokrat muss wie ein Demokrat sprechen, und nicht wie ein Agitator
Man stelle sich die Bühne der politischen Rhetorik vor wie ein großes Theater, auf dem die Hauptdarsteller ihre Rollen mit großer Geste und dramatischem Ernst inszenieren. Mit einem besorgniserregenden Glanz in den Augen tritt Andreas Babler auf, die Hände zum Himmel erhoben, als wolle er den Weltgeist herausfordern. „Demokratie!“, ruft er, „Gerechtigkeit!“ – Begriffe, so mächtig und bedeutungsschwer, dass sie fast unter ihrem eigenen Gewicht zusammenbrechen. Doch Babler ist kein einfacher Darsteller in diesem Stück. Nein, er versteht sich als der Don Quichotte der Demokratie, ein Kämpfer, der die Windmühlen der Ungerechtigkeit zu Fall bringen will. Dass diese Windmühlen in Wahrheit die Schatten seiner eigenen Übertreibungen sind, bleibt ihm dabei verborgen.
Denn eines ist sicher: Ein Demokrat muss wie ein Demokrat sprechen, nicht wie ein Agitator. Was ist es also, das Babler auf die Kanzel treibt und ihn zum Dauerkämpfer gegen eine scheinbar feindliche Umwelt macht? Es ist die Leidenschaft, die Wut – und, wenn man ihm glauben mag, die Liebe zu den „kleinen Leuten“, die er mit einem so penetranten Pathos beschwört, dass man glauben könnte, der kleine Mann hätte eine Armee von Rettern bitter nötig. Dabei wird aus dem Redner schnell ein Agitator, aus dem Politiker ein Wortakrobat, der sich mehr um den Beifall kümmert als um den Inhalt. Mit scharfem Säbel durchtrennt Babler die Luft, doch man fragt sich: Was hat er wirklich getroffen?
Die Rhetorik der Entrüstung – Kunst oder Kitsch
Nun könnte man einwenden: Ist es nicht die Aufgabe eines Politikers, die Massen zu bewegen? Gewiss, ein Demokrat muss gehört werden. Doch da liegt das Problem. Babler scheint mehr damit beschäftigt, Lautstärke mit Überzeugungskraft zu verwechseln. Seine Reden gleichen einer Oper, in der jeder Tonfortissimo sein muss. Die Subtilität, die feine Kunst des politischen Diskurses, weicht einem Crescendo der Entrüstung. Es geht nicht mehr darum, einen Dialog zu führen, sondern darum, den Gegner niederzubrüllen – und sich dabei im besten Fall noch als moralischen Sieger zu inszenieren. Man könnte fast meinen, Babler hätte das Handbuch des Demagogen gelesen und dann gedacht: „Aber was, wenn ich es mit demokratischer Rhetorik verpacke? Dann kann doch niemand etwas dagegen sagen!“
Die Frage bleibt: Ist Andreas Babler ein Held des Volkes, der in seiner leidenschaftlichen Rhetorik die Fackel der Demokratie hochhält? Oder ist er einfach ein talentierter Redner, der die Grenze zwischen Demokraten und Agitator längst verwischt hat? Die Antwort liegt – wie so oft in der Politik – irgendwo in der Grauzone. Was Babler jedoch verlernt zu haben scheint, ist die Erkenntnis, dass ein Demokrat nicht lauter schreien muss, um seine Argumente hörbar zu machen. In der Welt der echten Demokratie zählt nicht die Lautstärke, sondern der Inhalt. Doch wenn man sich Bablers Reden anhört, fragt man sich: Wo ist der Inhalt geblieben?
Die Mär von der Empörung als Tugend
Die Empörung, so scheint es, ist zu Bablers Lebenselixier geworden. Sie sprudelt aus ihm hervor wie aus einer nie versiegenden Quelle, und mit jedem Tropfen versucht er, die Massen zu tränken. Doch Empörung allein ist kein politisches Programm. Sie ist die Lieblingswaffe derer, die kein echtes Konzept haben. Natürlich gibt es viel, worüber man sich empören kann – Ungerechtigkeit, Armut, Korruption. Doch Empörung ist nur der Anfang, nicht das Ziel. Andreas Babler jedoch scheint zu glauben, dass sie allein ausreicht, um als moralischer Sieger aus jeder Debatte hervorzugehen. „Ich bin empört, also bin ich im Recht“, lautet seine stillschweigende Maxime.
Was dabei übersehen wird, ist die gefährliche Nähe zur populistischen Rhetorik. Denn wer immer nur auf die Emotionen setzt, ohne eine klare Vision zu bieten, landet unweigerlich im Fahrwasser der Agitatoren. Die Demokratie erfordert hingegen mehr als nur Emotionen – sie verlangt nach Argumenten, nach Abwägungen, nach einer Balance zwischen Leidenschaft und Vernunft. Doch Andreas Babler hat diese Balance längst verloren. Er setzt auf die Karte der Empörung und hofft, dass die Zuschauer es nicht bemerken. Und die Asylindustrie, die er – mal mit Augenzwinkern, mal mit scharfer Klinge – kritisiert, passt perfekt in sein Schema. Schließlich gibt es nichts Einfacheres, als einen Feind zu schaffen, um die eigene moralische Überlegenheit zu unterstreichen.
Der Agitator im Gewand des Demokraten
Am Ende bleibt die Frage: Kann jemand, der sich so leidenschaftlich für das „Volk“ einsetzt, wirklich als Demokrat durchgehen, wenn er gleichzeitig die Werkzeuge der Agitation benutzt? Ein Demokrat spricht mit Argumenten, ein Agitator spricht mit Emotionen. Babler jedoch scheint die beiden Rollen miteinander zu vermengen. Er kleidet sich in das Gewand des Demokraten, aber darunter blitzt der Agitator hervor.
In einer Welt, in der populistische Bewegungen auf dem Vormarsch sind, braucht es Politiker, die sich klar zu den Werten der Demokratie bekennen. Andreas Babler könnte einer dieser Politiker sein – doch dazu müsste er lernen, dass ein Demokrat eben nicht wie ein Agitator spricht. Es reicht nicht, die Stimme zu erheben, wenn die Worte leer sind. Die Demokratie lebt von der Debatte, vom Austausch, von der Fähigkeit, auch andere Meinungen gelten zu lassen. Doch Andreas Babler ist zu sehr damit beschäftigt, seine eigene Stimme zu hören, als dass er den Dialog suchen würde.
Die Moral von der Geschichte? Ein Demokrat muss wie ein Demokrat sprechen – mit Bedacht, mit Überzeugung und mit Respekt. Doch Andreas Babler scheint diesen Weg aus den Augen verloren zu haben. Er kämpft gegen Windmühlen, die er selbst geschaffen hat, und verpasst dabei die Chance, wirklich etwas zu bewegen. Stattdessen agiert er wie ein Schauspieler in einem schlechten Drama, dessen Ende man längst vorausgesehen hat.
Weiterführende Links und Quellen:
- „Der europäische Demokratiediskurs: Aufstieg und Fall populistischer Rhetorik“ (2023), Politische Horizonte Verlag
- „Empörung und Populismus: Gefahren für die demokratische Kultur“ – Artikelserie auf politik-heute.eu
- „Wie Agitation zur neuen Politikform wurde“ – Studie des Instituts für Rhetorikforschung, Universität Wien
- „Von den Redekünsten des 21. Jahrhunderts: Agitation im neuen Gewand“ – Vortrag von Prof. Dr. Julia Maier, Demokratie Forum 2022