L’Amour Toujours
Die Wiedergeburt der deutschen Demokratie im Angesicht des Grauens
Es war ein schöner, fast schon romantisch zu nennender Abend auf Sylt. Die Nordseewellen schlugen sanft gegen den Strand, der Wind trug eine salzige Brise durch die Straßen, und irgendwo in der Ferne funkelten die Lichter teurer Clubs, in denen Champagner floss, als wäre er aus dem örtlichen Wasserwerk. Doch was wie eine Szenerie aus einem schmalzigen Liebesroman begann, endete in einem nationalen Drama, das die deutsche Demokratie in den Grundfesten erschüttern sollte – und das wegen eines Liedes. Einem Lied! „L’amour toujours“, riefen die Feiernden im kollektiven Rausch, und nichts konnte sie stoppen.
Doch da war dieser Moment, in dem die Melodie jäh unterbrochen wurde. „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!“ erschallte es plötzlich, wild gegrölt von einer Handvoll Feiernder, die vermutlich zu viel von der exquisiten Sylter Cocktailkarte genossen hatten. Und genau in diesem Moment, in dieser unsäglichen Sekunde des betrunkenen Übermuts, soll es passiert sein: Die Demokratie stand am Abgrund. Jawohl, das Ende der Bundesrepublik Deutschland wurde eingeleitet – zumindest wenn man den führenden Köpfen des politischen Apparats Glauben schenken darf. Der rechte Mob sei losgelassen worden, die Weimarer Republik 2.0 in Sicht, und natürlich: Das Vierte Reich klopfte an die Tür, mit geölten Stiefeln, bereit, auf die maroden Pflastersteine der Demokratie einzumarschieren.
Der ewige Schreckgespensttanz
Von der Kanzlerin bis hinunter zur Innenministerin Nancy Faeser – alle waren sich einig: Die Gefahr von rechts war nicht nur real, sie war tödlich. Nein, es sei nicht der linke Extremismus, der hier und da ein paar Autos abfackelt oder wild herumwütet. Es sei nicht der religiöse Fundamentalismus, der mit Messern für ungemütliche Schlagzeilen sorgt. Nein, es sei der rechte Mob, der gerade auf Sylt, dem Epizentrum der nationalen Gemütlichkeit und des gesunden Patriotismus, zum finalen Schlag aushole. „Deutschland steht vor der größten Herausforderung seit 1945“, tönte es laut, während die letzten Leuchtraketen des Feuerwerks im nächtlichen Himmel über der Nordsee erloschen.
„Die Stiefel hallen schon wieder über den Asphalt“, hieß es in den Leitartikeln der großen Tageszeitungen, und wer noch auf die Straße ging, tat dies nur, um sich vor der nahenden Gefahr zu ducken. Ein kurioser Gedanke, in einer Zeit, in der die Stiefel derjenigen, die die Demokratie angeblich verteidigen, schon längst in maßgeschneiderten Lederschuhen aus Sylt’s exklusivstem Schuhladen stecken und die Diskurse in TV-Talkshows von glattgebügelten Sprechblasen dominiert werden. Doch Frau Faeser war sich sicher: Das Böse lauert hinter jeder Ecke. Die rechte Gefahr ist real, und der „Deutschland den Deutschen“-Ruf auf Sylt war der Anfang vom Ende.
Man könnte fast meinen, die Feiernden auf Sylt hätten sich als neue Vorhut einer nationalistischen Revolution verstanden, die ausgerechnet auf dieser Insel der Reichen und Schönen ihren Anfang nahm. Mit dem Sand unter den Füßen, den Schaumwein in der Hand und einer nostalgischen Sehnsucht nach Volksliedern im Herzen: So einfach kann die Zerstörung einer Demokratie aussehen. Wie ein Urlaub am Strand.
Die unerwähnten Seiten der Realität
Inmitten dieses kollektiven Schreckens, in dem das Land vor dem „Faschismus“ gewarnt wurde, passierte jedoch noch etwas anderes. Während die Gefahr von rechts im medialen Rampenlicht strahlte wie ein übergroßer Silvesterböller, fanden sich auf den hinteren Seiten der Tageszeitungen kleine Berichte über weniger spektakuläre, aber nicht minder reale Ereignisse. Da war die Sache mit den Messern. Man könnte fast meinen, in Deutschland gebe es eine geheime Liebe zu scharfen Klingen, so häufig wie die Meldungen über Messerattacken erschienen. Doch diese Verbrechen, begangen von einigen, die dank der offenen Arme der Willkommenskultur im Land weilten, fanden wenig bis gar keine Beachtung.
„Einzelfälle“, sagte man immer wieder, und man konnte es nicht oft genug betonen. Die Statistik, die bei genauer Betrachtung durchaus beunruhigend ausfiel, wurde geschickt ignoriert. Es waren eben „andere Probleme“, die nicht ins Bild passten, wenn man gerade mit Feuereifer über die drohende Nazi-Apokalypse auf Sylt berichtete. Warum sollte man auch von Multikulturalität sprechen, wenn das Gespräch über „Messer und Mörder“ viel weniger appetitlich war? Es passte einfach nicht ins Narrativ derer, die die Demokratie zu verteidigen vorgaben.
Man kann es drehen und wenden, wie man will: Die nationale Aufregung über den rechten Rand und die gleichzeitige Vernachlässigung anderer, durchaus lebensbedrohlicher Probleme, die Deutschland heimsuchen, zeigt das eigentliche Drama dieses Landes. Während die Messerklinge blitzte, wurde sie politisch als weniger wichtig erachtet als ein paar laute Rufe auf einer Partyinsel. Das ist wahre Demokratieverteidigung im Jahr 2024.
Ein Happy End
Das Ende dieser Tragikomödie? Natürlich wird am Ende alles gut, zumindest in der Theorie. Die Demokratie steht noch, auch wenn sie laut der politisch-medialen Kaste ständig am Abgrund balanciert. Die Feiernden auf Sylt haben ihren Rausch ausgeschlafen, und der Sonnenaufgang über der Nordsee hat die nächste, weniger alarmierende Nachrichtenwelle eingeläutet. Frau Faeser und der Rest des politischen Apparats können sich wieder beruhigen – bis zur nächsten Gefahr von rechts, die irgendwo im Schatten lauert.
Die Messerattacken? Nun ja, es sind „Einzelfälle“. Kein Grund zur Aufregung. L’amour toujours.
Quellen und weiterführende Links:
- Statistiken zu rechtsextremen und islamistischen Straftaten (Bundesamt für Verfassungsschutz)
- Berichterstattung über Messerangriffe in Deutschland (diverse Tageszeitungen)
- „L’amour toujours“-Performance in der Popkultur (Musikhistorische Betrachtungen)
- Politische Reden zur Gefahrenlage durch rechte Strömungen (Bundesregierung, Archiv)