Korrelation vs. Kausalität

Wenn Politiker Wetter mit Klima verwechseln und Journalisten dabei assistieren

Die Soap-Opera des öffentlichen Diskurses

Stellen Sie sich vor, der Wetterbericht sagt für morgen „Regen“. Die Wolken ziehen auf, das Thermometer fällt, und plötzlich steht eine schockierte Politikerin vor der Kamera: „Sehen Sie, das ist der Klimawandel in Aktion!“ Der Journalist nickt, notiert eifrig, und die Zuschauer zu Hause nicken wissend mit. Die Schlussfolgerung ist glasklar: Regen = Klimawandel. Ein Regenschirm ist also quasi ein Symbol des Widerstands gegen das apokalyptische Wetterchaos, das unser Planet vor unseren Augen durchläuft. Wenn es nach den Politikergeht, haben wir gerade die Korrelation für eine tiefe Kausalität verwechselt. Klima und Wetter werden in der öffentlichen Debatte so bunt durcheinander geworfen wie die Socken in der Wäsche, und niemand fragt sich, warum am Ende nichts zueinander passt.

Die Verwechslung von Symptomen mit Ursachen

Liebe Politikerinnen und Politiker, liebe Journalistinnen und Journalisten, setzen Sie sich hin, es ist Zeit für eine Lektion, die schon im Mathematikunterricht der 7. Klasse auf der Tagesordnung stand: Der Unterschied zwischen Korrelation und Kausalität. Denn wenn der Sommer einmal heißer ausfällt als sonst, dann schießt sofort die Phrase „Klimawandel!“ durch die Talkshows und Zeitungsartikel, als sei es die ultimative Erklärung für alles von Hitzewellen bis zu Wassermangel – vielleicht sogar für schlechte Frisurentage.

Ja, natürlich, es ist einfach zu behaupten, dass die steigenden Temperaturen im August direkt vom Menschen gemachten Klimawandel herrühren. Warum auch nicht? Schließlich schwitzen wir ja alle gerade mehr als letztes Jahr. Aber hier gilt es, einen kleinen, aber feinen Unterschied zu verstehen. Das Wetter an einem einzigen Tag – oder auch in einer ganzen Woche – ist nicht das Klima. Eine Kältewelle in Wien bedeutet noch nicht, dass der globale Klimawandel plötzlich innegehalten hat. Und eine Hitzewelle im Februar erklärt sich nicht allein durch das CO2 in der Atmosphäre, auch wenn uns das manche mit vor Eifer glühenden Wangen glauben machen wollen.

Das Wetter ist launisch, unberechenbar, eine Diva – das Klima dagegen ist das bedächtige, zurückhaltende Wesen, das still im Hintergrund die Fäden zieht. Wer das nicht versteht, begeht einen klassischen Denkfehler: die heilige Verwechslung von Korrelation und Kausalität.

Ein heißer Sommer bedeutet nicht das Ende der Welt

Natürlich, wer kann es ihnen verdenken? Politikerleben für den Moment, für die kurze Aufmerksamkeitsspanne ihrer Wählerschaft. Journalisten, so scheint es, leben für den nächsten Klick. Wenn der Sommer heiß ist, wird sofort der nächste Bericht über den Klimawandel aus dem Hut gezaubert, und die Fieberkurve der Erdtemperaturen wird wieder einmal in die Höhe katapultiert – wie die Einschaltquoten zur besten Sendezeit.

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„Der wärmste Sommer seit Beginn der Wetteraufzeichnungen“, ruft der Wettermann in die Kamera, während im Hintergrund die Sonne gnadenlos auf das Redaktionsgebäude brennt. Sofort wird diese „Information“ als endgültiger Beweis für den Klimawandel herangezogen, so als hätte der Sommer sich mit Greta Thunberg abgesprochen und beschlossen, einen Klima-Workshop abzuhalten. Doch ein heißer Sommer ist nicht per se ein Symptom des Klimawandels. Er ist eben nur – ein heißer Sommer. Aber wer will das schon hören? So eine Schlagzeile verkauft sich schließlich nicht.

Hier spielt die Korrelation eine schöne Rolle: Der Sommer ist heißer als sonst, also muss der Klimawandel Schuld sein, nicht wahr? Falsch. Hier zeigt sich die komplexe Dynamik des Wetters, das von so vielen Faktoren beeinflusst wird – Sonnenaktivität, Meeresströmungen, Wolkenbildung, vielleicht sogar der Zufall – dass ein heißer Sommer allein noch lange keine direkte kausale Verbindung zum menschengemachten Klimawandel darstellt. Aber wen interessieren schon wissenschaftliche Nuancen, wenn sich Panikmache und Katastrophenrhetorik so viel besser verkaufen?

Der Winter ist kalt? Die Welt geht nicht unter, nur die Logik

Und dann, liebe Leserinnen und Leser, kommen die kalten Winter. Plötzlich stürmt ein gewisser Politiker vor die Kamera, dick eingepackt in seinen Mantel, und schmettert den triumphalen Satz: „Sehen Sie, das mit dem Klimawandel ist doch nur Hysterie. Es ist Winter und verdammt kalt!“ Aha. Ein kühler Wind weht, und die Wissenschaft wird gleich mit eingefroren.

Ja, es wird kälter im Winter. Ein Meteorologe hätte da wenig Überraschendes zu berichten. Aber daraus zu schließen, dass der Klimawandel nicht existiert, weil es im Januar schneit, ist, als würde man sagen, die Welt drehe sich nicht mehr, weil der Wind stillsteht. Ein kalter Wintertag ist ebenso wenig ein Gegenbeweis für den Klimawandel wie ein heißer Sommertag der endgültige Beweis dafür ist.

Aber diese „Korrelation“ – das Wetter von heute – wird oft von Politikerund Journalistals Beleg für langfristige klimatische Veränderungen missverstanden, als könnten sie das Chaos des Himmels mit einem einzigen Blick aus dem Fenster entschlüsseln. Sie erliegen der Versuchung der einfachen Erklärung, des schnellen Effekts, und plötzlich ist der Ruf nach drastischen Maßnahmen oder völligem Stillstand allgegenwärtig. In Wirklichkeit zeigt die Meteorologie, dass das Klima sich in langen Zyklen entwickelt, während das Wetter ein chaotisches, vorübergehendes Schauspiel ist – wie ein gut gemachter Hollywood-Trailer, der den Film aber nicht ersetzt.

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Willkommen in der Welt der Schein-Kausalitäten

Warum ist dieser Unterschied so schwer zu verstehen? Ganz einfach: Kausalität ist langweilig. Sie ist wissenschaftlich, langsam, gründlich. Korrelation dagegen ist aufregend, unmittelbar und – vor allem – so schön simpel. Politikerleben von der Korrelation. Ein heißer Sommer, eine Überschwemmung hier, eine Dürre dort, und schon kann man den nächsten großen Klima-Notstand ausrufen. Was dabei vergessen wird: Es sind kurzfristige Ereignisse, die zwar Teil eines größeren Ganzen sein können, aber nicht zwangsläufig etwas beweisen. Korrelation ist wie ein frecher Wink des Schicksals – Kausalität ist der langweilige, rationale Ehemann, der geduldig alle Fakten zusammenführt und erst dann zu einem Urteil kommt.

Aber wer hat schon Zeit für so viel Geduld in der heutigen Welt der Politik und der Medien? Lieber schnell ein paar platte Aussagen raushauen, die irgendwie plausibel klingen, als zuzugeben, dass man das Wetter von gestern nicht einfach so auf das Klima von morgen übertragen kann.

Der Alltagswahnsinn

Was wir hier sehen, ist ein Phänomen, das weit über die Politik hinausgeht. Die Verwechslung von Korrelation und Kausalität ist zu einer Art globalem Volkssport geworden, ein Spiel, bei dem alle mitmachen dürfen, die in der Lage sind, zwei Ereignisse zu verbinden – ob diese nun tatsächlich in einem Zusammenhang stehen oder nicht. Ein Beispiel gefällig? Die steigende Anzahl von Piratenkorruptionen hat in den letzten Jahrzehnten abgenommen – und die globale Erwärmung hat zugenommen. Korrelation? Aber sicher! Kausalität? Wohl kaum.

Es ist wie bei einer Scherzrechnung: Der Konsum von Schokolade korreliert mit der Zahl der Nobelpreisträger pro Kopf in einem Land. Heißt das, dass man intelligenter wird, wenn man mehr Schokolade isst? Nein – zumindest würde das keine seriöse Wissenschaftlerin behaupten. Und doch, genau auf diesem Niveau wird oft die Klimadebatte geführt: Wetter und Klima werden munter durcheinandergeworfen, Korrelationen als unumstößliche Wahrheiten verkauft und jeder Wetterbericht zur politischen Waffe gemacht.

Die Kunst der Verwechslung ist eine hohe Kunst – aber eben keine Wissenschaft

Letztendlich bleibt zu sagen: Die Unterschiede zwischen Korrelation und Kausalität zu begreifen, erfordert mehr als nur oberflächliche Schlagzeilen und schnelle politische Statements. Politikerund Journalistlieben die einfache Erzählung, das schwarz-weiß Denken, weil es Aufmerksamkeit bringt. Doch echte Wissenschaft – und das Klima gehört zur Wissenschaft – ist weitaus komplexer und braucht mehr Geduld, als es im politischen Alltag oft Platz findet.

Der Klimawandel ist real – das bestreitet kaum jemand, der nicht fest in ideologischem Leugnen verwurzelt ist. Aber ihn in jeder Wetteranomalie zu suchen, ist ungefähr so sinnvoll wie die Annahme, dass ein kratzender Hals automatisch bedeutet, man habe die Pest. Solange wir uns weiter an die Verwechslung von Korrelation und Kausalität klammern, wird der öffentliche Diskurs nicht zur Lösung beitragen, sondern lediglich die Verwirrung weiter befeuern.

Weiterführende Links und Quellen:

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